Wer die handgerollten Doubitchou aus Sofia nicht kennt, dem ist vermutlich auch der französische Weihnachtsfilm « Le Père Noel est une ordure » von 1982 kein Begriff.
In den Kinos war er kein großer Erfolg, vermutlich wegen des wenig besinnlichen Titels. Im Laufe der Jahre jedoch, zahlreiche Fernseh-Wiederholungen später, ist er zum Kultfilm avanciert.
Wenn man in Frankreich wohnt, sollte man ihn sich also wenigstens ein einziges Mal ansehen (viele Menschen stehen das erfahrungsgemäß kein zweites Mal durch).
Eigentlich hat der Film alles, was zu einer Weihnachtskomödie gehört:
- eine junge, unverheiratete und schwangere Frau auf der Suche nach einer Unterkunft für die Nacht
- eine Liebesgeschichte
- Geschenke
- festliches Essen
- den Weihnachtsmann und sein Kaninchen (ich hätte an dieser Stelle wirklich gerne Hase geschrieben, aber es handelt sich ganz eindeutig um ein echtes Kaninchen).
In den Händen der Theatertruppe Splendid verwandeln sich diese klassischen Zutaten schnell in einen Alptraum.
Die Geschichte:
Die beiden Hauptpersonen Pierre und Thérèse haben am Heiligabend Dienst in den Räumen der Telefonseelsorge SOS Détresse Amitié.
Pierre, in seinem grau-karierten Anzug, hat einen unübersehbaren bürokratischen Hang zur Ordnung. Im Büro angekommen, richtet er erst einmal die Stifte auf seinem Schreibtisch aus. Dann wischt er den Telefonhörer ab und kontrolliert, ob dieser korrekt aufgelegt ist. Die moralische Unterstützung, die er verzweifelten Anrufern bietet, beschränkt sich meist auf ein „C’est cela, oui….“ Er hat aber auch eine künstlerische Ader, hat er doch für Thérèse ein Portrait in Öl gemalt.
Thérèse ist ausgebildete Sozialarbeiterin, ein wenig naiv und heimlich in Pierre verliebt. In ihrem karierten Rock, der weißen Bluse und dem schwarzen Pullover wirkt sie linkisch - aber wie Pierre sagt: „Elle n’est pas moche, elle n’a pas un physique facile, c’est different.“ Während der langen Nachtdienste hat sie für Pierre als Weihnachtsgeschenk eine Weste gestrickt, die dieser allerdings zunächst für einen Putzlappen hält. In Anbetracht der Passform und der schmutzig-beigen Farbe des Kleidungsstücks kann man ihm das auch wirklich nicht verdenken!
Im Laufe des Abends kommen vorbei:
Josette, eine junge Frau, ein Schützling von Thérèse. Sie ist schwanger von Félix, ihrem gewalttätigen Freund („Quand elle fait des bétises, j’la corrige, c’est l’amour“). Dieser hat saisonbedingt gerade einen Job als Weihnachtsmann und taucht deshalb auch im Film im entsprechenden, titelgebenden Kostüm auf. Normalerweise zu nichts zu gebrauchen, werden seine praktischen Fähigkeiten im weiteren Verlauf noch sehr nützlich sein!
Katia ist ebenfalls Klientin von SOS Détresse Amitié, auf der Suche nach ein wenig Trost und Gesellschaft. Beides findet sie hier leider nicht und wirft deshalb den Anwesenden vor: „Vous êtes myope des yeux, myope du coeur et myope du cul!“
Und nicht zu vergessen M. Preskovitch, der bulgarische Nachbar, der sich seinen Lebensunterhalt mit Nachtdienst an der Péage Corbeil-Sud verdient. Er versorgt die Nachbarschaft mit traditionellen, handgefertigten („C’est roulé à la main sous les aisselles.“) Spezialitäten seiner Heimat. Zum Beispiel mit Doubitchou aus Sofia, „comme les truffes au chocolat“. Oder dem Kloug aux marrons. Der sieht zwar aus wie ein Bûche de Noel, das traditionelle französische Weihnachts-Dessert, unterscheidet sich von diesem aber in Konsistenz und vor allem Geruch äußerst unvorteilhaft.
Die Liebesgeschichte zwischen Pierre und Thérèse gewinnt im Laufe des Abends an Intensität, die Palette an Schimpfwörtern wird immer reichhaltiger. Und eine Person wird den Weihnachtsmorgen leider nicht mehr erleben…
Als kleine Einstimmung kann man auf Youtube Ausschnitte des Films ansehen. Er läuft aber auch jedes Jahr im französischen Fernsehen.