Frisch in Frankreich angekommen, mit rudimentären Sprachkenntnissen, erschienen mir viele Regelungen einfach nur absurd. Warum nur wurde überall ein justificatif de domicile zum Beispiel in Form einer Rechnung der Strom- oder Telefongesellschaft verlangt? Hatten die Leute denn keinen Ausweis?
Zumal wir bei der Anmeldung zu Strom und Telefon, in völliger Unkenntnis des französischen Systems, nur den Namen meines Mannes angegeben hatten. Ich, mit meinem abweichenden Nachnamen, wohnte offiziell leider nirgendwo. Das war schon problematisch, als ich mich in meinem Dorf zum Französisch-Kurs anmelden wollte, von wichtigeren Angelegenheiten ganz zu schweigen.
Eine Nachfrage auf unserer Mairie, ob ich denn nicht irgendeine Art Ausweis mit meiner Adresse bekommen könne, löste dort aufrichtiges Erstaunen aus - eine Meldepflicht wie in Deutschland gibt es hier ja nicht. Auf französischen Ausweisen ist zwar eine Adresse eingetragen, aber diese muss bei einem Umzug nicht geändert werden.
Allerdings bekam ich auch gleich einen Ratschlag zur Lösung des Problems mit auf den Weg: einfach beim Telefon- oder Stromanbieter meinen Namen mit auf die Rechnung setzen lassen. Fortan stellte die Frage nach einem justificatif de domicile kein Hindernis mehr dar - meine Telefonrechnung hatte ich immer dabei!
Schwierig kann es werden, wenn man beispielsweise Müller heißt. Steht im Pass "Müller", aber „Mueller“ auf der Telefonrechnung (was praktisch nicht zu vermeiden ist), bereitet man am besten einen kurzen Vortrag über die Verwendung von Umlauten in der deutschen Sprache vor. Das „ü“ mit Pünktchen kann man dabei der Einfachheit halber Tréma nennen, das macht eigentlich jeder. Nur besonders pedantische Germanisten fühlen sich verpflichtet, darauf hinzuweisen, dass Tréma und Umlaut natürlich nicht das Gleiche sind…
Aber zurück zum Thema Meldepflicht:
Trotz aller liberté hat auch der französische Staat natürlich ein Interesse daran, über seine Bürger Bescheid zu wissen.
Und hat sich deshalb eine Methode ausgedacht, einen Überblick zumindest über die nachwachsende Generation zu bekommen: jeder junge Franzose muss sich mit 16 Jahren bei seiner Mairie melden und an einem journée défence et citoyenneté, kurz JDC, teilnehmen. Hier werden die Jugendlichen über Möglichkeiten des Militär- oder Zivildienstes und andere staatsbürgerliche Pflichten informiert.
Am Ende der Veranstaltung bekommt jeder Teilnehmer ein certificat de participation. Ohne diese Bescheinigung kann jede Art staatlicher Prüfung – Bac, Führerschein, Uni – erst nach dem 25. Geburtstag abgelegt werden. Diese Regelung sorgt gewöhnlich für hohe Teilnehmerzahlen....
Raffiniert, oder?