"Living in France is not a gift you're born with. Living in France is a skill that you have to work at." (Stephen Clarke)
Stephen Clarke, ein britischer Autor, lebt seit den 90er Jahren in Paris. Seine satirischen Romane über die Erlebnisse des Engländers Paul West in Frankreich - A year in the Merde plus diverse Folgebände - waren ein großer Erfolg in England und Deutschland. Sie kamen sogar bei den Franzosen gut an, jedenfalls bei denen, die über landestypische Eigenheiten lachen können.
In Talk to the Snail - 10 Commandments for Understanding the French gibt er Touristen und Einwanderern Tipps zum Überleben unter Franzosen. Damit gelingt es ihnen vielleicht wie Stephen Clarke selbst, in die "total-pleasure zone" des Lebens wie Gott in Frankreich vorzudringen.
Das Buch wurde im Jahre 2006 veröffentlicht. Da sich selbst im konservativen Frankreich manche Dinge im Laufe der Zeit ändern, sind nicht mehr alle Hinweise aktuell : Rauchen in Restaurants ist zum Beispiel inzwischen verboten. Und immer öfter trifft man sogar in Paris auf Hundebesitzer, die die Hinterlassenschaften ihrer Lieblinge rücksichtsvoll aufsammeln.
Aber vieles ist geblieben: Ungeduld zahlt sich nicht aus. Am Accueil einer Behörde bringt eine höfliche Bitte um Unterstützung mehr als ein energisches Bestehen auf seinem Recht. Unter Zeitdruck im Supermarkt noch "eben schnell" ein paar Kleinigkeiten besorgen? Besser nicht! Die Kassiererin bewundert sicher erst einmal das Baby der Kundin, die sie gerade bedient. Wartet plaudernd, bis diese alle Einkäufe verstaut hat und kassiert dann erst. Dass man in Frankreich außer bar oder per Karte auch noch mit Schecks oder Ticket Restaurant bezahlen kann, beschleunigt den Prozess nicht gerade.
Höflichkeit ist auch im Schriftverkehr unerlässlich. Ein einfaches Cordialement reicht oft nicht aus. Die korrekte Formel dagegen könnte fast vom Hof des Sonnenkönigs stammen: Veuillez agrée, Madame, l'expression de mes salutations distinguées.
Außerdem lernt man die Kunst des Begrüßungsküsschens kennen - zwei-, drei- oder gar viermal? Rechts oder links anfangen? Und was machen eigentlich Brillenträger?
Versteht, warum das französische Gesundheitssystem am Rande des finanziellen Ruins steht.
Und hat vielleicht die Chance, aus einem fünfspurigen Pariser Kreisverkehr vor dem Abendessen wieder herauszukommen.
Stephen Clarke: "Talk to the Snail - 10 Commandments for Understanding the French" ("Überleben unter Franzosen. Ein Schnellkurs in 10 Lektionen")
Auch lesenswert: "1000 Years of Annoying the French" (ein 800seitiger Beitrag zur englisch-französischen Freundschaft - so erfährt der Leser z. B. dass eigentlich die Engländer für die Erfindung des Champagners verantwortlich sind)